Angeblich hohe Unfallzahlen bei E Bikes

Seit einiger Zeit werden Konsumenten wiederholt durch Medienberichte verunsichert, in denen es heißt, dass E Bike Fahren angeblich besonders unsicher sei – dies gilt insbesondere seit der Veröffentlichung der 2014er-Unfallzahlen durch das Bundesamt für Statistik. Erst kürzlich sprach die Allianz-Versicherung sogar vom „Risiko Elektrofahrrad bei Senioren“, und natürlich wurde dieses Thema von den Medien einmal wieder begierig aufgegriffen – der FOCUS titelte sogar reißerisch „So tödlich sind Elektroräder“! Derartig einseitige Schlagzeilen sollten auf keinen Fall unwidersprochen bleiben. In einem äußerst interessanten Artikel vom 30. Oktober 2015 erläutert H. David Koßmann, Redakteur vom renommierten pressedienst-fahrrad.de, dass die vorliegenden Daten seiner Ansicht nach falsch interpretiert seien und die Berichterstattung definitiv tendenziös sei. Die wesentlichen Aussagen dieses Artikels möchten wir Ihnen an dieser Stelle kurz präsentieren:

Die Allianz Versicherung verbreitete am 26.10.2015 die Meldung „Doppelt so hohes Todesrisiko wie mit dem Fahrrad“. Doch welche Zahlen liegen dieser brisanten Aussage zugrunde? Die Mittelung fußt auf der Angabe, dass rund zehn Prozent der im Jahr 2014 tödlich verunglückten Radfahrer mit E Bikes unterwegs waren. Doch wenn man die Zahlen genauer betrachtet, relativiert sich dieses Bild recht schnell: Genau gesagt, handelte sich um gerade einmal 39 verunglückte E Bike Fahrer unter insgesamt 396 Todesopfern. In der Gruppe der 39 tödlich verunglückten E Bike Fahrer waren wiederum tatsächlich 32 Personen 65 Jahre oder älter.

Selbstverständlich sind all diese Todesopfer äußerst tragisch. Man sollte aber bedenken, dass E Bikes im Jahre 2014 ganze 12 Prozent aller in Deutschland verkauften Zweiräder ausmachten. Ende 2014 gab es in Deutschland rund 72 Millionen Fahrräder, darunter bereits rund 2,1 Millionen E Bikes. Und E Bikes werden momentan immer noch am häufigsten von älteren Verkehrsteilnehmern benutzt – da ist es natürlich nicht verwunderlich, dass unter den verunglückten Fahrern besonders viele ältere Menschen zu finden sind. Und nach Angaben des Statistischen Bundesamts versterben Senioren ab 65 Jahren ohnehin 3 x so häufig in Folge von Verkehrsunfällen wie jüngere Menschen. Wenn man sich dann auch noch genauer anschaut, wie die tödlich im Straßenverkehr verunglückten Senioren eigentlich unterwegs waren, relativiert sich das Bild noch weiter:

Ganze 40,7 % verunglückten mit dem Auto, 25,2 % verunglückten zu Fuß und nur 22,9 % verunglückten auf Fahrrädern (inkl. E Bikes). Hier zeigt sich also, dass Senioren am häufigsten in Autos in tödliche Unfälle verwickelt werden – und eben nicht auf Fahrrädern bzw. E Bikes! Es kann also absolut keine Rede davon sein, dass Senioren auf E Bikes in Sachen tödliche Verkehrsunfälle irgendwie überrepräsentiert wären. Hier wurden ganz offensichtlich Zahlen willkürlich aus dem Kontext gerissen, um ein möglichst einseitiges Bild zu zeichnen. Offenbar ging es darum, aus Sensationsgier möglichst effektvolle Schlagzeilen zu produzieren. Außerdem darf man nicht vergessen, dass insbesondere Versicherungen vom Geschäft Angst gegen Geld leben.

Fazit: Anstatt unsinnige Ängste zu schüren und die potentiellen E Bike Fahrer durch Halbwahrheiten zu verunsichern, sollte man sich doch besser den eigentlichen Ursachen für Verkehrsunfälle zuwenden – die meisten Unfälle im Straßenverkehr werden nämlich durch Regelverstöße anderer Verkehrsteilnehmer verursacht. Besonders wichtig ist, durch den Bau einer passenden Infrastruktur dafür zu sorgen, dass die schwächsten Teilnehmer im Straßenverkehr –nämlich Fußgänger und Radfahrer- besser geschützt werden.

Außerdem darf man den Blick aufs Große und Ganze nicht vergessen: Immerhin profitieren sowohl die Gesundheit der Bürger als auch die Umwelt von jedem Meter, der nicht per Auto, sondern auf zwei Rädern oder zu Fuß zurückgelegt wird. Gerade dank E Bikes beginnen viele ältere Menschen überhaupt erst wieder, vermehrt in die Pedale zu treten – davon profitiert nicht nur deren persönliche Gesundheit (erhöhte Lebensqualität), sondern letztlich auch die gesamte Gesellschaft (verringerte Gesundheitsfolgekosten). Es macht also überhaupt keinen Sinn, das öffentliche Bild von E Bikes durch Halbwahrheiten und aus dem Zusammenhang gerissene Zahlen madig zu machen. Darüber hinaus lassen sich Lebensfreude, Lebensqualität und individuelle Energie ohnehin nur schlecht statistisch erfassen – und E Bike fahren / Radfahren dürfte wohl zweifellos zu einem individuell verbessertem Wohlbefinden führen!

Quelle: pressedienst-fahrrad.de 30. Oktober 2015